„Jeder Tag zählt“ – Klartext bei der (ST)AUSFAHRT
Freitag, 02. Dezember 2022Endlose Staus, ohnmächtige Anwohner und genervte Verkehrsteilnehmer – am heutigen 2. Dezember jährt sich die Sperrung der Lüdenscheider Autobahnbrücke Rahmedetal zum ersten Mal. Vor Ort herrscht zu den Stoßzeiten nach wie vor das blanke Chaos, das die gesamte, bis vor kurzer Zeit noch so starke, Wirtschaftsregion bis ins Mark trifft. Die Verantwortlichen der regionalen Wirtschaft – darunter die Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis – nutzten den traurigen Anlass, um ein Zeichen zu setzen. Sie begaben sich gemeinsam mit Medienvertretern im Rahmen einer mobilen Pressekonferenz per Reisebus direkt dahin, wo es weh tut: in den morgendlichen Stau in und um Lüdenscheid!
Die Fahrt führte bei nasskaltem Nieselregen quer durch Lüdenscheid – immer wieder mit der Möglichkeit, den Bus zu verlassen und das Verkehrschaos an zentralen Punkten hautnah mitzuerleben. Während der Fahrt fing Moderator Thomas Reunert die Stimmungslage bei Betroffenen aus Industrie, Handwerk, Handel und Gastronomie ein. In kurzweiligen und informativen Interviews entlockte der ehemalige Chefredakteur einer Lokalzeitung den Gästen so manches Detail und zeichnete gekonnt ein umfassendes Stimmungsbild.
Die Belastungen für das heimische Handwerk liegen auf der Hand: „Die Fahrzeiten der Mitarbeiter, aber auch die Wegezeiten zu den Baustellen haben sich verdoppelt. Kosten, die wir insgesamt nicht auffangen können“, so Jan Thomas Wieghardt, Geschäftsführer des Malerbetriebs Wieghardt & Sohn GmbH, Innungsfachbetrieb und Handwerker mit Leib und Seele. „Es ist notwendig, dass die Region von der Regierung gesondert unterstützt wird“, so Wieghardt.
Marc Krombach, Geschäftsführer der NBTK Ulbrich GmbH Co., sprach gar von einer „No-Go-Area Lüdenscheid“, wie die Region hinter vorgehaltener Hand in seiner Branche bereits genannt werde, und forderte: „Die Region Südwestfalen braucht wieder eine Perspektive.“
Es zog sich wie ein roter Faden durch die Interviews: Zulieferer steuern die Region gar nicht mehr oder nur noch vereinzelt an, erhöhte Logistikkosten, Attraktivitätsverluste und Stress bei allen Beteiligten – die Liste der Auswirkungen ließe sich endlos fortführen und ergibt eine dramatische Situation.
Wie betroffen die Region wirklich ist, zeigen auch Zahlen des Beratungsunternehmens IW Consult. So durchqueren täglich über 5.500 Lkw und rund 11.500 Pkw die Stadt. Auch volkswirtschaftlich waren die Folgen im ersten Jahr enorm: So hat die Brückensperrung bisher bereits 360 Millionen Euro gekostet und 123 Millionen Euro Wertschöpfungsverluste im Märkischen Kreis nach sich gezogen.
Um die derzeitige Situation in den Griff zu bekommen und das Verkehrschaos zu beseitigen, bedarf es einiger Änderungen. Deshalb haben die Vertreter der regionalen Wirtschaft klare Forderungen an Bund und Land zusammengefasst:
- Ein Infrastrukturbeauftragter muss den Bau sowie den Verkehr koordinieren und Land und Kommunen zusammenführen.
- Des Weiteren wird ein Nachteilsausgleich von Bund und Land gefordert, da die Menschen unverschuldet mit einer strukturgeschädigten Region zu kämpfen haben.
- Besonders wichtig sei aber, im weiteren Verlauf transparent zu sein und die kommenden Bauschritte ausreichend zu kommunizieren, um wieder Vertrauen zu schaffen, den Menschen Mut zu machen und eine Perspektive zu geben.
„Jeder Tag zählt“, so KH-Hauptgeschäftsführer Dirk H Jedan abschließend.