Fachlich fundierte Themen, die unter die Haut gehen! Parlamentarischer Staatsekretär Jens Spahn hält Festrede beim Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis

Montag, 06. Februar 2017
Neujahrsempfang 2017

Gruppenfoto im Rahmen des Neujahrsempfangs der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis: (v.l.) Dirk H. Jedan, Paul Ziemiak, Thomas Gemke, Christian Will, Jens Spahn, Christel Voßbeck-Kayser, Dr. Matthias Heider, Thomas F. Bock und Thorsten Schick.

Spannung und Vorfreude waren groß beim Neujahrsempfang der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis am vergangenen Freitag im „Haus des Handwerks“ in Iserlohn – doch was Jens Spahn, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister der Finanzen, in seiner Festrede bot, rief nicht nur mehrfachen spontanen Applaus hervor, sondern übertraf die Erwartungen bei Weitem!

Über 150 Gäste waren der Einladung ins „Haus des Handwerks“ in Iserlohn gefolgt. Kreishandwerksmeister Christian Will zeigte sich sichtlich erfreut und betonte im Rahmen seiner Begrüßung, dass der Neujahrsempfang eine hervorragende Möglichkeit sei, „Danke“ zu sagen für eine erfolgreiche, harmonische und konstruktive Zusammenarbeit in der Region.

Dementsprechend freute sich Will über einen wirtschaftlichen Aufschwung, der auch vor dem Handwerk nicht Halt mache: „Jeder zweite Handwerksbetrieb berichtet von einer guten Geschäftslage.“ Letzten Endes sei die Stimmung im Handwerk zwar gut, dennoch gebe es viele Baustellen in der Entwicklung, die als dunkle Wolken am Horizont zu sehen seien.

Neujahrsempfang 2017

Kreishandwerksmeister Christian Will konnte über 150 Gäste im „Haus des Handwerks“ in Iserlohn begrüßen.

Will mahnte unter anderem den fehlenden Ausbildungs- und Fachkräftenachwuchs, zunehmenden Bürokratismus, die unzureichende Gewerbeflächenvorsorge und komplizierte öffentliche Vergabeverfahren an.

Mit Sorge richtete Will den Blick auf die Veränderungen in Deutschland und der Welt. Die Gesellschaft sehe sich zunehmendem Populismus ausgesetzt. Will appellierte: „Dieser politisch-tektonischen Verschiebung gilt es schnellstmöglich Einhalt zu gebieten.“ Mit Blick auf die USA stellte Will die Frage in den Raum, wie die Welt mit einem respektlosen, unbeherrschten, zum Teil vulgären und diskriminierenden Repräsentanten wie Trump umgehen solle? „Wo bleiben die Vorbildfunktionen eines solchen Amtes und einer solchen Person?“ Er gab zu bedenken: „Rechtspopulisten Europas werden sich daran anhängen, um ihre Bedeutung zu steigern.“

So gebe es viele Verbindungsaspekte, zum Beispiel die strikte Ablehnung von Zuwanderung, wirtschaftlicher Protektionismus, Schüren von Ressentiments gegenüber Ausländern und die Kritik an der EU.

Will machte deutlich, dass „wir trotz einer weitreichenden europäischen Entwicklung innerhalb der letzten Jahrzehnte noch immer nicht ausreichend gegen Herausforderungen gewappnet sind, die die EU durch unterschiedliche nationalstaatliche Ansichten und Interessen in ihrer Existenz bedrohen.“ Dazu müsse sich die EU auf ihr Wertesystem besinnen und globalen Bedrohungen gemeinsam entgegentreten.

Neujahrsempfang 2017

Festredner Jens Spahn begeisterte mit einer kurzweiligen, präzisen und pointierten Rede.

Festredner Jens Spahn, von Christian Will nach einem Zitat der Süddeutschen Zeitung als „Walze“ angekündigt, machte seinem Ruf alle Ehre. Er nutzte in seinem kurzweiligen, präzisen und pointierten Vortrag die Gelegenheit, „um zu schauen, wo wir stehen“. Und da stimmte er nicht etwa in den allgemeinen Negativ-Trend ein, sondern zeichnete ein ebenso detailliertes wie wirklichkeitsnahes Bild unserer heutigen Gesellschaft, denn „wir nehmen oft gar nicht mehr wahr, wie gut es uns geht“. Mit Blick in die nähere Vergangenheit erinnerte Spahn an Zeiten, in denen sinkende Reallöhne an der Tagesordnung waren und das Thema Berufsorientierung noch in den Kinderschuhen steckte.

Heute gebe es mit 44 Millionen Erwerbstätigen so viele wie nie zuvor, die meisten in unbefristeten Arbeitsverhältnissen. Einen Überschuss im Haushalt im dritten Jahr in Folge  könne bis auf Luxemburg kein anderes Land vorweisen. Spahn rief dazu auf, sich die steigende Lebenserwartung, hohe Mobilität, ein positives Image Deutschlands in der Welt und vieles mehr bewusst zu machen und die jetzige Situation wertzuschätzen: „Darüber sollten wir uns zumindest mal eine Minute freuen und ein bisschen Gelassenheit an den Tag legen, denn unserer Generation geht es so gut wie niemals zuvor!“

Neujahrsempfang 2017Dass bei aller Euphorie eine Menge Probleme gelöst werden müssen, wollte natürlich auch Spahn nicht bestreiten. Der Staatssekretär griff exemplarisch einige Themen heraus, bei denen Deutschland weitaus mehr machen könne. So warnte er, dass mit der demografischen Entwicklung große Herausforderungen auf die Gesellschaft und den Arbeitsmarkt zukämen: „1964 war mit 1,4 Millionen Geburten der stärkste Jahrgang.“ Wenn diese Menschen in Rente gingen, käme nicht einmal die Hälfte nach. „Da müssen wir uns drauf einstellen!“ Die Flexi-Rente sei eine Möglichkeit, bei der allerdings Veränderungen im Denken dazugehörten. „Wenn wir immer länger leben, muss zumindest ein Teil dieser Zeit für Arbeit aufgewendet werden, damit der Rest finanziert werden kann.“

Hinzu kämen jährlich 45.000 Schulabgänger ohne Abschluss – „Da ist jeder Einzelne einer zu viel!“ Hier müssten Politik und Gesellschaft helfen und den Kindern und Jugendlichen den richtigen Weg weisen: „Wir müssen ein Bewusstsein entwickeln, dass der Mensch nicht erst beim Abitur anfängt, was das Handwerk im Zuge der dualen Ausbildung wohl genauso sieht.“

Beim Thema „Innere Sicherheit“ mahnte Spahn an, dass es weniger darum ginge, ob mehr oder weniger Polizisten eingestellt würden, sondern um den Rückhalt von Sicherheits- und Rettungskräften in Gesellschaft und Politik: „Ich meine, wir sollten hinter ihnen stehen, das haben sie verdient!“

Neujahrsempfang 2017

Dr. Peter Paul Ahrens (2.v.l.) und Dieter Dzewas (m.) durften sich über die Ehrennadel der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis aus den Händen von Dirk H. Jedan (l.) sowie Thomas F. Bock und Christian Will (r.) freuen.

Deutlich wurde Spahn im Zuge der Migrationsproblematik. Deutschland sei immer ein Einwanderungsland gewesen, das sei kein neues Phänomen. Er erwarte jedoch, dass Leute, die dauerhaft in Deutschland leben, ein Teil unserer Gesellschaft sein wollen: „Dabei geht es nicht um Ethnien, sondern um Kultur!“ Es könne beispielsweise nicht angehen, dass Tag für Tag Zwangsheiraten vollzogen würden. Die Gesellschaft dürfe nicht schweigen: „Da gibt´s keine Abstriche, egal welche kulturellen Hintergründe vorhanden sind.“

In diesem Zusammenhang plädierte Spahn für mehr Streitkultur: „Wir müssen die Probleme ansprechen und lösen, sonst überlassen wir das Feld den Spaltern und Vereinfachern.“ So müsse wieder grundsätzlich und im positiven Sinne um die Themen gerungen werden, denn „die Demokratie lebt vom positiven Streit um die besten Argumente!“

Kreishandwerksmeister Thomas F. Bock bedankte sich in seinem Schlusswort für eine Festrede mit fachlich fundierten Einschätzungen. „Sie haben Themen angesprochen, die unter die Haut gehen“. Im Anschluss hatte Bock die Ehre, mit dem Iserlohner Bürgermeister Dr. Peter Paul Ahrens und seinem Lüdenscheider Amtskollegen Dieter Dzewas zwei „Freunde des Handwerks“ ehren zu dürfen. Beide erhielten für ihre Verdienste die Ehrennadel der Kreishandwerkerschaft Märkischer Kreis sowie die zugehörige Ehrenurkunde.

In gewohnter Tradition bot sich den Gästen beim Tafelspitz-Essen umfassend Gelegenheit zum gemeinsamen Austausch über eine einmal mehr gelungene Veranstaltung.